RAPID: Schnelle automatische Bestimmung von seismischen Herdparametern

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RAPID

RAPID: Schnelle automatische Bestimmung von seismischen Herdparametern

01.04.2007 bis 30.06.2010

Prof. Dr. Thomas Meier [Universität Kiel]

Universität Bochum, Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik (Geophysik)
Universitätsstraße
44801 Bochum

Sonderprogramm GEOTECHNOLOGIEN

Frühwarnsysteme im Erdmanagement

Ziel des Verbundes RAPID ist die Entwicklung von Software zur schnellen automatischen Bestimmung seismischer Herdparameter wie z. B. Magnitude, Herdfläche oder Bodenbewegung im Herdgebiet. Durch die steigende Zahl seismologischer Stationen und die Geschwindigkeit der modernen Datenübertragung stehen wichtige Informationen, die zur Abschätzung der Stärke und Auswirkungen eines Erdbebens genutzt werden können, in Echtzeit zur Verfügung. Um diese Daten schnell verarbeiten zu können, besteht jedoch erheblicher Bedarf an der Weiterentwicklung von Algorithmen zur echtzeitnahen Bestimmung von Herdparametern. Im Rahmen des Verbundvorhabens ist geplant, aufbauend auf Echtzeitdatenübertragung und seismologischer Standardsoftware (SeedLink, SeisComP), neue Softwarekomponenten zur automatischen Bestimmung von Herdparametern und zur Schätzung der räumlichen Verteilung starker Bodenbewegungen in nahezu Echtzeit zu entwickeln. Das Verbundvorhaben gliedert sich in fünf Teilprojekte.

Teilprojekt 1: Signaldetektion, Signalcharakterisierung und Ereignislokalisierung
Die Universität Bochum ist schwerpunktmäßig für die Bearbeitung des Teilprojektes "Signaldetektion, Signalcharakterisierung und Ereignislokalisierung" zuständig. Es ist geplant, einen Autoregressionsalgorithmus zu entwickeln, um Ankunftszeiten seismischer Wellen anhand von Echtzeit-Seismogrammen automatisch zu bestimmen. Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt ist die verbesserte Schätzung der Scherwellenlaufzeiten, da hierdurch Ungenauigkeiten bei der Lokalisierung verringert werden können. Für die Ereignislokalisierung mittels automatisch bestimmter Ankunftszeiten soll das Programm HYPOSAT modifiziert werden. Hierzu wird dass Programm für eine Verwendung in Quasi-Echtzeit von der Fa. NORSAR (Norwegen) angepasst. Weiterhin ist beabsichtigt, eine Datenbank mit natürlichen und synthetischen Wellenformen von Starkbeben anzulegen, um die aufgezeichneten seismischen Wellen mit diesen Wellenformen zu vergleichen und das Gefährdungspotential des Bebens rechtzeitig bestimmen zu können. Dadurch wird eine zuverlässige Schätzung der Magnitude auch für Starkbeben ermöglicht. Hauptaufgabe der BGR Hannover (Seismologisches Zentralobservatorium Gräfenberg, SZGRF) ist die Prüfung und Optimierung der Algorithmen, die im Rahmen des ersten Teilprojektes entwickelt werden. Als Grundgerüst zur Implementierung der Prozessierungsmethoden dient das am SZGRF entwickelte Programmpaket SeismicHandler zur Wellenformanalyse. Die Arbeiten des SZGRF werden sich auf den Test von Algorithmen zur Bestimmung von Einsatzzeiten, Abschätzung der Magnitude und Herdlokalisierung konzentrieren. Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt bildet die Modifikation des SeismicHandler Quellcodes.

Teilprojekt 2: Abbildung des Bruchvorganges
Das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) bearbeitet das Teilprojekt "Abbildung des Bruchvorganges" und plant die Entwicklung seismischer Methoden zur Überwachung der Bruchausbreitung bei starken Erdbeben. Mit den bisher verwendeten Methoden, dauert die Bestimmung der Bruchausbreitung und damit die Ermittlung der realen Magnitude von Starkbeben oft mehrere Wochen. Mit Hilfe einer neu entwickelten Polarisationstechnologie soll es zukünftig möglich sein, die Ausbreitung eines Bruches vom Epizentrum eines Starkbebens in Quasi-Echtzeit zu verfolgen und die Magnitude deutlich schneller zu bestimmen. Es ist beabsichtigt, durch Nutzung von Backazimutbeobachtungen die Ausbreitung des Erdbebenbruches festzustellen. Erste, vielversprechende Vorarbeiten wurden mit einfachen Algorithmen bereits am Beispiel des großen Sumatra Erdbebens von 2004 durchgeführt. Ein weiterer Aufgabenschwerpunkt des GFZ Potsdam liegt in der Bereitstellung von Archiv- und Echtzeitdaten für die Verbundpartner sowie in der Integration der neu entwickelten Algorithmen des Verbundes in die GEOFON und GITEWS Überwachungssysteme.

Teilprojekt 3: Bestimmung von Herdmechanismen
Die Universität Hamburg ist für die Durchführung des Teilprojektes "Bestimmung von Herdmechanismen" zuständig. Im Rahmen des Vorhabens sollen Methoden entwickelt werden, die eine schnelle Abschätzung der wichtigsten Herdmechanismen bei einem Starkbeben erlauben. Hierzu gehören die Zentroidstärke, die Bruchzeit, die räumliche Herdausdehnung, der Versatz an der Erdbebenquelle und die Energiefreisetzung. Zur Bestimmung der Herdmechanismen soll u. a. die Methode der Momententensor-Inversion weiterentwickelt und mit einem neuen arrayseismologischen Abbildungsverfahren für Bruchprozesse kombiniert werden. Damit wird es möglich, die wichtigsten Herdparameter aus regionalen und teleseismischen Breitband-Wellenformen innerhalb von zehn bis dreißig Minuten zu ermitteln. Die gewonnenen Informationen können zur Abschätzung der zu lokalen Schäden bei Starkbeben genutzt werden.

Teilprojekt 4: Teleseismische Schätzung starker Bodenbewegungen
Die Universität Potsdam wird im Rahmen des vierten Teilprojektes eine Methode zur Erzeugung von "TeleShakeMaps" entwickeln, mit deren Hilfe eine schnelle Abschätzung der zu erwartenden räumlichen Verteilung starker Erschütterungen möglich ist. Statt auf regionalen Beobachtungen der Bodenbeschleunigung, basiert die Methode auf der Auswertung teleseismischer Aufzeichnungen und kann somit auch auf Gebiete angewendet werden, die über kein dichtes Netz von seismologischen Stationen verfügen.

Teilprojekt 5: Bewertung und Klassifizierung der in Quasi-Echtzeit bestimmten Herdparameter
Die Arbeiten des fünften Teilprojektes, die ebenfalls von der Universität Potsdam durchgeführt werden, konzentrieren sich auf die Entwicklung eines Warnstufensystems (Pilotprojekt), mit dem eine automatische Abschätzung der Tsunami Gefahr möglich sein soll. Um eine frühzeitige Warnung zu ermöglichen, sollen im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen ausschließlich seismologische Beobachtungen berücksichtigt werden. Das geplante Warnstufensystem soll als zusätzliche und unabhängige Informationsquelle in den Tsunami Warnzentren genutzt werden.