SIMSAN: Simulationsunterstützte Entwicklung prozessstabiler Rohstoff-Komponenten und Suspensionen für die Produktion von Sanitärkeramik auf der Basis modifizierter Mineraloberflächen

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SIMSAN

SIMSAN: Simulationsunterstützte Entwicklung prozessstabiler Rohstoff-Komponenten und Suspensionen für die Produktion von Sanitärkeramik auf der Basis modifizierter Mineraloberflächen

01.07.2008 bis 30.06.2011

Dr. Ralf Diedel

Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe - Glas/Keramik - GmbH (fgk) Höhr-Grenzhausen
Heinrich-Meister-Straße 2
56203 Höhr-Grenzhausen

Sonderprogramm GEOTECHNOLOGIEN

Mineraloberflächen: Von atomaren Prozessen zur Geotechnik

Die Untersuchungen im Rahmen des SIMSAN Projektes zielen in einem interdisziplinären und prozesskettenübergreifenden Verbund darauf ab, über quantitative Vorhersagen aus Simulationsrechnungen hinsichtlich der Auswirkungen von Additiven und prozessführenden Parametern die Rohstoffbetriebe und die Keramikindustrie in die Lage zu versetzen, stabile, auf die moderne Druckgusstechnologie abgestimmte Rohstoffmischungen und Gießschlicker zu entwickeln und so robuste Prozesse in der Sanitärkeramik im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens zu etablieren. Die Klärung der Intensität und Signifikanz der Einflüsse der chemischen und physikalischen Charakteristika an den Oberflächen der mineralischen Rohstoffe auf die Rheologie und Filtrationseigenschaften wird mit Hilfe der Entwicklung eines hybriden Multiskalenmodells herbeigeführt. Mit Hilfe synthetischer Additive, die auf die Mineraloberflächeneigenschaften abgestimmt werden, wird die Prozessstabilität unterstützt.

Das FGK plant, im Rahmen des Verbundvorhabens aussagekräftige Charakterisierungsmethoden kolloidchemisch-mineralogischer Eigenschaften zu identifizieren. Insbesondere werden die Ladungszustände an den Mineraloberflächen ermittelt sowie neue Ansätze zur Korngrößencharakterisierung und hochsensitive Rheologiemessungen und elektrophoretische Messungen herangezogen. Die mineralogischen Charakterisierung über Röntgenbeugungs-Methoden soll in Kombination mit der NewMod Modellierung die Berechnung der Tonmineralanteile und deren Ladungsverteilung erlauben. Die hieraus zu entwickelnden Kennzahlen sind sowohl Berechnungsgrundlagen für die Modellentwicklung als auch Steuerungsmerkmale für die betriebliche Anwendung. Es wird erwartet, dass die tonverarbeitende Industrie in zunehmenden Maße von den im Projekt zu erwartenden Ergebnissen auch für innovative industrielle Anwendungen im nichtkeramischen Bereich profitieren wird.

Ziel der RWTH Aachen, Lehr- und Forschungsgebiet Modellbildung in der Werkstofftechnik, ist die Entwicklung eines numerischen Modells, basierend auf einen hybriden Mehrskalenansatz. In diesem Ansatz sollen die Einflüsse der Konvektion über definierte Algorithmen eins stetigen Modells, sowie hydrodynamische und die elektrostatische Wechselwirkungen der Festkörperteilchen über ein diskretes Modell für Mehrphasensysteme über die Phasenfeldsimulation zu einer verlässlichen Beschreibung der rheologischen Stabilität und der Scherbenbildungsrate, sowie der einhergehende Mikrostruktur des Scherbens beim Schlicker-Druckgussverfahren eingesetzt werden. Das Modell soll dabei die Vorgänge auf der makroskopischen Skala (Scherbenbildung), der mesoskopischen Skala (mikrostrukturelle Ausbildung) und der atomaren Skala (Ionenwechselwirkung und kolloidale Wechselwirkungen) beschreiben. Solche Ansätze werden erwartungsgemäß auf Grund der Komplexität neuer Prozesstechnologien zunehmend für andere keramische Systeme, Herstellungsprozesse und Prozessparameter wichtig werden, so dass der entwickelte Programm-Code auf großes Interesse der weitgefächerten Keramikindustrie stoßen wird.

Die Fa. Stephan Schmidt KG als Rohstofflieferant u.a. für die keramische Industrie wird die neuen Charakterisierungsmethoden für die Grubentone für die Entwicklung der Stabilität der rheologischen Eigenschaften einsetzen. Aussagekräftigen Prüfmerkmale sollen für die Einzelrohstoffe entwickelt werden, die eine reproduzierbare Homogenisierung und Mahlung einer Rohstoffmischung ermöglichen, die den Anforderungen der modernen Prozesstechnologie der Sanitärindustrie sowie diejenigen der tonverarbeitenden Industrie außerhalb der Keramikbranche entsprechen.

Die Fa. Villeroy & Boch AG, Geschäftsfeld Sanitärkeramik, wird die von den Partnern ermittelten Erkenntnisse hinsichtlich Charakterisierung, Funktionalisierung und Aufbereitung der Rohstoffe in Technikumsversuchen validieren. Es wird ein Abgleich mit den prozesstechnischen Randbedingungen, Zielvorgaben und der wirtschaftlichen Umsetzung erfolgen. In einem Nachfolgeprojekt soll die entwickelte Technologie in die industrielle Praxis überführt werden. Durch die stabile Prozessführung soll neben den erwarteten ökologischen und ökonomischen Vorteilen die Kernkompetenz in der Druckgussproduktion ausgebaut werden.

Die Fa. Zschimmer & Schwarz GmbH & Co. KG wird die kolloidchemisch-mineralogischen Projektergebnisse zur Auswahl neuer chemischer Einsatzstoffe heranziehen, auf deren Basis schadstoffärmere Additivsysteme entwickelt werden. Ziel ist es, durch Verwendung dieser Additivsysteme Schlicker mit stabilen, rheologischen Eigenschaften herzustellen und das Filtrationsverhalten sowie die Handhabbarkeit der entformten Produkte zu verbessern. Ein Einsatz der Schlicker soll ohne Versatzänderung sowohl im Druckguss als auch im konventionellen Guss möglich sein. Es wird eine weltweite Einführung der neu entwickelten Additivsysteme in der sanitärkeramischen und der Porzellanindustrie erwartet.